Textilrecycling mit sozialem Mehrwert

20. August 2025

Soziale Unternehmen in der Textilsammlung

Altkleidersammlung war zuletzt durch eine Greenpeace-Studie in die Schlagzeilen geraten, viel wurde über Exporte und fragwürdige Entsorgungswege diskutiert. Doch die Realität sieht differenzierter aus – insbesondere dort, wo Soziale Unternehmen Verantwortung übernehmen.


„Selbst wenn solche Meldungen teilweise richtig sind, so schaden auch sie Sozialeinrichtungen wie der unseren“, erklärt WAMS-Geschäftsführer Christian Kammeringer im Interview mit der Tiroler Tageszeitung.  Denn die 20 Kleidungsstücke im Greenpeace-Report, die mit GPS Trackern versehen worden waren und die unzählige unnötige Kilometer zurückgelegt hatten, seien ausschließlich von profitorientierten Textilsammlern gekommen. Keines der nachverfolgten Textilstücke war bei einer Sammelstelle eines Sozialen Unternehmens abgegeben worden. Deshalb ist es wichtig, nicht alle Unternehmen über einen Kamm zu scheren und vor allem den Mehrwert von Textilrecycling nicht zu untergraben!

Keine leeren Kilometer

arbeit plus Tirol Mitglieder WAMS, Gwandolina, carla St. Johann, Horuck oder die Second-Hand Läden von issba zeigen vor, wie ökologisch UND sozial nachhaltige Kreislaufwirtschaft funktioniert - ganz ohne leere Kilometer!


Ziel der Sozialen Unternehmen ist nicht der schnelle Gewinn, sondern die Verknüpfung von Ökologie und sozialer Integration. Gespendete Kleidung wird in Tirol von vormals Langzeiterwerbsarbeitslosen sortiert, aufbereitet und in regionalen Filialen verkauft. Was nicht im Laden landet, kommt Bedürftigen zugute. Auf diese Weise entstehen Arbeitsplätze für Menschen mit erschwertem Zugang zum Arbeitsmarkt, während gleichzeitig wertvolle Ressourcen geschont werden.


Das Modell hat gleich mehrere Vorteile:

  • Kreislaufwirtschaft statt Müllberge: Jedes Kleidungsstück, das ein zweites Leben erhält, spart Wasser, Energie und CO₂ ein.
  • Regionale Wertschöpfung: Statt Ware um die halbe Welt zu transportieren, bleibt der Großteil in Tirol.
  • Soziale Wirkung: Beschäftigung und Qualifizierung schaffen Chancen für Menschen, die sonst am Rande des Arbeitsmarktes stehen.

Fast-Fashion Flut, Notallplan und Chancen

Herausfordernd bleibt die wachsende Flut von Fast-Fashion:  Billige, kurzlebige Mode verschlechtert die Qualität der Spenden und erschwert die Wiederverwendung. Zudem fehlen in Tirol die nötigen Sortieranlagen, um die Mengen effizient zu verarbeiten. „Fünf bis sieben solcher Anlagen bräuchte es allein in Österreich“, erklärt WAMS-Geschäftsführer Christian Kammeringer. Jede Anlage wäre zugleich eine Chance für neue Arbeitsplätze.


Ein wichtiger Ansatz, zumal der Sektor für gebrauchte Textilien und Abfalltextilien in der EU derzeit die größte Krise seiner Geschichte durchlebt: Unzureichende Kapazitäten  in Sachen Textilsammlung und-sortierung stellen Unternehmen in der gesamten EU vor existentielle Herausforderungen. RREUSE, das Re-Use-Netzwerk auf europäischer Ebene, legte erst kürzlich konkrete Forderungen und Maßnahmen dar, die im Rahmen eines Textilen-Notfallplans dringend umgesetzt werden müssen - nachzulesen in den Positionspapieren von Re-Use Austria!


Chancen auf Veränderung sieht Melanie Spangler, Geschäftsführerin von arbeit plus Tirol, wie folgt: "Textilrecycling allein löst die Krise der Überproduktion nicht. Wir brauchen bewusste Konsumentscheidungen, ein Anti-Fast-Fashion-Gesetz und transparente Lieferketten. Soziale Unternehmen in Tirol zeigen, dass Mode auch nachhaltig und fair sein kann – mit regionalem Re-Use und Recycling, Ressourcenschonung und Arbeitsplätzen für benachteiligte Menschen.“


Foto WAMS © Sabine Thaler-Haubelt